Teststatus und Impfquote im zweiten Pandemiesommer

Es ist der zweite Sommer mit der Corona-Situation. Dennoch hat sich die Lage seit einem Jahr drastisch geändert. Neue Virusvarianten sind aufgetreten, ein flächendeckendes Testangebot wurde geschaffen und mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland ist vollständig geimpft. Um einen Einblick in die aktuelle Situation in Konstanz zu erhalten, wurden erneut Bürgerinnen und Bürger der Stadt in einer Sondererhebung befragt.

Im Sommer 2021 fand von 23. Juli bis 15. August eine weitere Sonderbefragung zur Corona-Situation in der Stadt Konstanz statt. Eingeladen waren die registrierten Panelisten der Konstanzer Bürgerbefragung, einer seit 2008 fortgeführten Studie zu kommunalen Fragen und Problemen. Insgesamt beteiligten sich 1.119 Befragte an der sehr kurzen Online-Erhebung, die vor allem den Impfstatus thematisierte. Vorab ist zu sagen: Die Impfquote wird auf der Basis der Befragungsdaten deutlich überschätzt, weil an der Befragung insbesondere eher kooperationswillige Personen mit prosozialen Orientierungen (und damit eine verzerrte Auswahl aus der Gesamt­bevölkerung) teilnehmen. Für die politisch interessierte Bevölkerung über 18 Jahre dürften die Angaben mit kleineren Einschränkungen belastbar sein. Dies zeigen Validierungsanalysen mit Daten aus vorherigen Be­fragungswellen.

Tests und Infektionsgeschehen

Die Betroffenheit durch Infektionen mit dem Corona-Virus im Quer­schnitt der Bevölkerung (kumulierte Inzidenz) ist immer noch von großem Interesse. Bis zum Befragungszeitpunkt waren 3,3 Prozent der Befragten mindestens einmal positiv getestet, während 85,6 Prozent stets negativ getestet wurden. Immerhin 11,1 Pro­zent gaben an, bislang noch nie getestet worden zu sein. In Abbildung 1 sind die drei Anteilswerte für positiv und negativ Getestete sowie die ungetesteten Befragten nach Alters­gruppen dargestellt. Der Anteil von noch nicht getesteten Befragten ist bei den über 60-jährigen Personen besonders hoch (19,4 Prozent) und fällt in der Gruppe der 18- bis 30-Jährigen dagegen sehr niedrig aus (4,5 Prozent). Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen liegt in der mittleren Altersgruppe am höchsten (4,1 Prozent). Im Ver­gleich zu den aktuellen Daten des Gesundheitsamts des Landkreises Konstanz liegt der kumulierte Infek­tionswert für die Konstanzer Bürgerbefragung damit etwas niedriger: Von allen Einwohnern des Land­kreises (einschließlich der Kinder und Jugendlichen) wurden seit Beginn der Pandemie bis Mitte August 2021 4,1% infizierte Personen gemeldet.

Hohe Impfquote bei Befragten

Wie sieht es mit dem Impfstatus Mitte August aus? Die aktuelle Impfquote, die sich für den Landkreis ergibt, beläuft sich auf 58,2 Prozent für Erstimpfungen (mindestens eine Impfdosis erhalten) und 54,1 Prozent für Zweitimpfungen. Hierfür sind alle Ein­wohner – auch die Kinder und Jugendlichen – die Bezugsgruppe. Auf der Grundlage der Befragungsdaten für die erwachsene Stadt­be­völkerung ergeben sich deutlich höhere Quoten, vor allem wegen der erwähnten Verzerrung hin zu besonders kooperativen Per­sonen, die eher an Befragungen teilnehmen und sich eben auch bereitwilliger impfen lassen: Die Impfquote in den Befragungsdaten liegt bei 90,2 Prozent für Erst­impfungen und bei 80,0 Prozent für Zweitimpfungen. Um einen sinnvollen Vergleich mit den offiziellen RKI-Zahlen des Landkreises zu er­mög­lichen, müssen die minder­jährigen Einwohner berücksichtigt werden (etwa 14 Prozent der Gesamt­bevölkerung der Stadt Konstanz). Berücksichtigt man also zusätzlich die überwiegend nicht geimpften Kinder und Jugendlichen, ergibt sich eine geschätzte Impfquote von 77,2 Prozent für Erst­impfungen und von 68,8 Prozent für Zweitimpfungen. Damit liegen die Anteilswerte aus den Impf­mel­dungen etwa 20 bzw.15 Prozentpunkte unter den Befragungsdaten. Dies entspricht etwa der gegen­wärtig thematisierten Differenz von amtlich dokumentierten Impfmeldungen und den Angaben aus Befragungsstudien1. Für die Beurteilung der Corona-Lage sind die Impfquoten nach Altersgruppen bedeutsam. In Abbildung 2 ist zu erkennen, dass der Anteil der ungeimpften Befragten in der mittleren Altersgruppe (31-59 Jahre) am höchsten ist (11,5 Prozent gegenüber 8,9 Prozent für die 18- bis 30-Jährigen und 5,8 Prozent für die über 60-Jährigen). Auch wenn gerade bei den jüngeren Befragungsteilnehmern eine besonders starke Selektion in Richtung hoher Ko­operations­bereitschaft zu erwarten ist, bedeutet dieses Ergebnis nichtsdestotrotz, dass die Impf­kampagne die jüngere Bevölkerung zu einem erstaunlich hohen Anteil erreicht hat. Für eine Rückkehr der Hochschulen in den Präsenzbetrieb im Wintersemester wäre dies eine gute Nachricht.

Impfung hauptsächlich durch Impfzentren und Arztpraxen

Die Erstimpfungen erfolgten knapp zur Hälfte in einem Impfzentrum (davon zu 45 Prozent in Singen), 41 Prozent der Erstimpfdosen wurden in (Haus-)Arztpraxen verabreicht. Eine Erstimpfung durch Betriebsärzte wird von acht Prozent genannt. Für die Zweitimpfungen sieht die Verteilung der Impforte erwartungsgemäß ähnlich aus (jeweils 44 Prozent für Impfzentren (davon 49 Prozent in Singen) und für (Haus-)Arztpraxen). Die in Impfzentren Geimpften sind zu einer ganzen Reihe weiterer Orte außerhalb des Landkreises Konstanz gefahren: Häufige Nennungen finden sich für Tuttlingen, Freiburg und Friedrichshafen. Diese Impfzentren wurden jeweils häufiger genannt als die erst seit April eingerichtete Impfstelle im Bodenseeforum in Konstanz.

Gründe gegen Impfung

Bei den ungeimpften Befragten (insgesamt wie gesagt etwa zehn Prozent) wurden die Gründe für die bislang nicht erfolgte Impfung erfragt. Nur jeweils drei Prozent gaben an, keinen Termin erhalten zu haben oder selbst keine Zeit gehabt zu haben. Es dominiert die Skepsis aufgrund fehlender Erfahrungen mit den Impfstoffen (68 Prozent) und aufgrund der schnellen Entwicklungszeit der Impfstoffe (60 Prozent) sowie bezüglich der Funktionsweise der Impfstoffe (mRNA) (53 Prozent) und möglicher Nebenwirkungen (50 Prozent). Weitere Gründe werden sehr viel seltener genannt – zum Beispiel gesundheitliche Gründe wie Allergien (22 Prozent), zu wenig Aufklärung (20 Prozent) oder keine Not­wendigkeit wegen niedriger Inzidenzwerte (14 Prozent). Grundsätzliche Impfgegner sind mit 12 Prozent der ungeimpften Personen in der klaren Minderheit. Insgesamt beträgt der Anteil dieser Gruppe damit nur etwa ein Prozent der Befragten.

Risikofreudige kennen mehr Infizierte

Knapp eineinhalb Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie berichten viele Befragte von Infektionen mit dem Corona-Virus in ihrem sozialen Netzwerk. In der Stadtgesellschaft hat sich der Anteil der Befragten, die niemanden im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis (FFBK) kennen, der positiv auf das Corona-Virus getestet wurde, deutlich reduziert. Abbildung 3 zeigt, ob die Befragten von zumindest einer infizierten Person in ihrem FFBK wissen – in Abhängigkeit vom Lebensalter. Bei der jüngsten Altersgruppe haben sich die Infektionen im Umfeld am weitesten verbreitet, während bei den über 60-Jährigen noch etwa ein Drittel der Befragten von keiner Infektion im FFBK zu berichten weiß. Insgesamt kennen vier von fünf Befragten mindestens eine Person im FFBK, die positiv auf das Corona-Virus getestet wurde. Weiterführende Analysen zeigen, dass Frauen etwas mehr positiv getestete Personen kennen als Männer, Personen mit deutscher Nationalität geben ebenfalls mehr positiv getestete Personen im sozialen Umfeld an als Personen ausländischer Nationalität. In der Befragung wurden zusätzliche Messungen der Risikobereitschaft der Personen vorgenommen. Es zeigt sich, dass Be­fragte mit höherer subjektiv berichteter Risikobereitschaft mehr positiv getestete Personen in ihrem Umfeld kennen – auch bei Kontrolle des Lebensalters. Außerdem korreliert der Impfstatus mit der Risiko­bereitschaft. Je risikofreudiger die Befragten sich selbst einschätzen, desto weniger wahrscheinlich sind sie geimpft – allerdings muss man daran erinnern, dass in den Befragungsdaten neun von zehn Befragten geimpft sind.

Drei Befragte dürfen sich über Gewinne freuen!

Die Risikobereitschaft wurde mithilfe eines Experiments zu Entscheidungen in einem hypothetischen Lotteriespiel erhoben. An drei Befragte wurden Restaurantgutscheine in Höhe des Geldbetrags einer von ihnen gewählten Gewinnalternative verlost. Insgesamt mussten die Befragten viermal zwischen zwei Gewinnalternativen entscheiden. Aus den vier vorgelegten Lotteriespielen haben wir jeweils eines zufällig ausgewählt und den darin von den Befragten präferierten Gewinnbetrag als Restaurantgutschein ausgezahlt.

1Siehe zum Beispiel: https://www.br.de/nachrichten/wissen/impfzahlen-ungereimtheiten-bei-rki-daten,SfsbwP2, https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/rki-unsicherheit-impfquote-101.html